Faszientraining: Was bringen die Übungen mit der Rolle wirklich?
Faszientraining hat sich zum Trend entwickelt. Immer mehr Menschen rollen in Fitnessstudios oder auch zuhause auf einer Hartschaumrolle oder auf Doppelbällen und bearbeiten so ihre Muskeln an Armen, Beinen und am Rücken. Dem nicht gerade schmerzfreien Training mit diesen Massagegeräten werden fantastische Effekte nachgesagt: verbesserte Beweglichkeit, weniger Rückenschmerzen, schnellere Regeneration nach dem Sport. Sogar gegen Cellulite soll der Einsatz der Rollen helfen. Aber lohnt sich Faszientraining wirklich?
Was sind eigentlich Faszien?
Faszien ist der Fachbegriff für das Bindegewebe. Die Faszien bilden ein faseriges Netz und stützen den Menschen als Ganzes, umhüllen aber auch alle einzelnen Knochen, Organe, Nerven, Gefäße und Muskeln. Selbst die winzigen Faserbündel innerhalb jedes einzelnen Muskels sind von Faszienschichten umschlossen. Unsere Faszien bestehen aus zwei Proteinen: dem reißfesten Kollagen und dem dehnbaren Elastin. Das Verhältnis beider Proteine variiert je nach Beanspruchung. In dehnfähigen Organen wie Blase und Lunge müssen Faszien elastisch sein und enthalten somit einen höheren Anteil an Elastin.
Faszien erfüllen unterschiedliche Aufgaben. Die flächigen Bindegewebsschichten formen die Körperbestandteile, polstern und schützen sie. Außerdem spielen sie eine wichtige Rolle für den Stoffwechsel und den Flüssigkeitstransport innerhalb des Körpers. Nicht zuletzt befinden sich in den Faszien Mechanorezeptoren. Mechanorezeptoren sind Sinneszellen, die zum Beispiel Informationen über Bewegung, Ausrichtung oder Anspannung eines Muskels aufnehmen. Sie reagieren aber auch auf Druck-, Schmerz- oder Temperaturreize.
Ursache chronischer Rückenschmerzen
In der Empfindsamkeit der Faszien liegt eine mögliche Erklärung chronischer Rückenschmerzen. Forscher haben auf der großen thorakolumbalen Faszie (verläuft über den gesamten Rücken – vom Becken bis nach oben zum Hinterkopf) besonders viele Schmerzrezeptoren gefunden. Ultraschalluntersuchungen deuteten darauf hin, dass bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen das Bindegewebe im unteren Rücken häufig verdickt ist. Faszien am Rücken sind sehr schmerzempfindlich und können dazu beitragen, dass Beschwerden vielleicht sogar im Bindegewebe entstehen. Einseitige Belastungen der Rückenfaszie, indem man z. B. zu lange nach vorn gebeugt arbeitet, können diese überfordern und überdehnen. Kommt es anschließend zu plötzlichen Bewegungen, indem man sich beispielsweise bückt, entstehen vermutlich winzige Risse, die sich entzünden und im Zusammenspiel mit verkrampften Muskeln Rückenschmerzen auslösen.
Natürlich kann auch zu wenig Belastung problematisch sein, da Faszien verkümmern können, wenn sie wenig beansprucht werden. Faszien werden dünner, verlieren ihre Elastizität und „verfilzen“. Ihre Fasern sind verklebt und können die Muskelarbeit beinträchtigen. Der Forscher Robert Schleip, Humanbiologe der Universität Ulm, ist sich sicher, dass Sehnen und Bänder durch regelmäßiges Faszientraining belastbarer werden, Körperformen straffer und dass man weniger Schmerzen in Hüftgelenken und Bandscheiben habe. Er sagt: „Wir sind nur so alt wie unser Bindegewebe“.
Was gilt nun für das Faszientraining?
Faszientraining soll nicht alle bisherigen Trainingsprogramme ersetzen, sondern ergänzen und bereichern. Faszientraining gehört folglich zu einem ganzheitlichen Trainingsprogramm dazu. Das vorrangige Ziel ist dabei nicht ausschließlich, eine höhere Leistung zu erzielen, sondern vor allem Alltagsbewegungen positiv zu beeinflussen. Faszien sind lebendig, sie reagieren auf Reize und passen sich Belastungen an. Aus diesem Grund funktioniert gezieltes und regelmäßiges Training – es verändert das Gewebe nachhaltig.
Faszientraining ist nicht gleich Muskeltraining, denn Faszien benötigen bestimmte Impulse, damit sie sich regenerieren und vital bleiben. Viele der üblichen Trainingsprogramme sind primär auf Kraftzuwachs ausgerichtet. Die Vielfalt an Bewegungsmöglichkeiten und die verschiedenen Typen und Aufgaben von faszialem Gewebe werden dabei jedoch nicht berücksichtigt.
Welche Wirkung wird durch das Faszientraining erzielt?
Faszientraining kann die Belastbarkeit von Sehnen und Bändern erhöhen und die angesprochenen schmerzhaften Reibereien in Hüftgelenken und Bandscheiben minimieren. Des Weiteren schützt es die Muskulatur vor Verletzungen und hält den Körper in Form. Dadurch können die Muskeln effizienter arbeiten und kann die Regenerationszeit verkürzt werden. Vorteil: Die Leistungsfähigkeit steigt und Bewegungsabläufe und Koordination verbessern sich. Ein guter Faszienzustand schützt folglich langfristig vor Verletzungen und kann Schmerzen verhindern.
Wie läuft das Faszientraining ab?
Das Faszientraining erfolgt nach vier Dimensionen, um gezielte Reize zu setzen:
- Dehnen regt die mechanische Eigenschaft der Faszie als formgebende Substanz an. Es ist folglich eine natürliche Beanspruchung, die zu vielen Bewegungen gehört. Insbesondere im Yoga wird sich auf das Dehnen des Fasziengewebes konzentriert.
- Federnde Übungen wie Hüpfen oder Schwingen des Oberkörpers regen die elastische Speicherfähigkeit in den Faszien an.
- Beleben der Faszie ist eine Art Selbstmassage. Dazu kann man Schaumstoffrollen, Igelbälle oder ähnliches verwenden.
- Spüren der Faszie regt den Bewegungssinn und die Tiefensensibilität an.
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